Voraussetzungen für die digitale Archivierung

Die rechtssichere Archivierung von Geschäftsdokumenten ist für jedes Unternehmen Pflicht. Die digitale Archivierung bietet viele Vorteile gegenüber einer papierbasierten Ablage. Doch welche gesetzlichen Anforderungen und Pflichten gibt es bei der digitalen Archivierung zu beachten? Informieren Sie sich hier.

Warum digitale Archivierung?

Die Archivierung von Geschäftsdokumenten ist für Unternehmen jeder Grösse ein wichtiger Bestandteil des Geschäftsbetriebs. Denn das Schweizer Obligationenrecht (OR) verpflichtet Unternehmen, ihre Geschäftsunterlagen für eine bestimmte Zeit aufzubewahren. Die Dokumente müssen revisionssicher archiviert werden, um im Falle einer Prüfung oder eines Rechtsstreits vor Gericht als Beweismittel verwendet werden zu können.

Gerade für KMU in der Schweiz ist die digitale Archivierung mittlerweile die attraktive Option im Vergleich zu einer traditionellen Archivierung in Papierform. Denn sie spart nicht nur Platz und Zeit, sondern auch Kosten. Eine digitale Archivierung bietet Unternehmen die Möglichkeit, Dokumente in einem sicheren, zugänglichen und kosteneffizienten Format zu speichern und vor allem mittels Volltext-Suche schnell wieder zu finden – so wie Sie heute in Google Informationen suchen. Der Gang ins Archiv und das Durchwühlen von Ordnern entfällt somit.

Jedoch müssen für eine revisionssichere, digitale Archivierung gewisse Voraussetzungen erfüllt werden, damit das Unternehmen die gesetzlichen Anforderungen erfüllt. In diesem Artikel gehen wir auf diese rechtlichen Anforderungen im Kontext der digitalen Archivierung ein.

Abschliessend werden wir auch einige Beispiele für digitale Archivierungslösungen in der Schweiz vorstellen, um Unternehmen bei der Auswahl einer geeigneten Lösung zu unterstützen.

Archivierungspflicht - diese Gesetze gelten

Die digitale Archivierung von Geschäftsunterlagen ist in der Schweiz gesetzlich vorgeschrieben. Diese betrifft alle Firmen, die im Handelsregister eingetragen sind. Die relevanten Gesetze sind im schweizerischen Obligationenrecht (OR) ab Artikel 957ff festgelegt. Dort wird geregelt, welche Dokumente archiviert werden müssen und wie lange sie aufbewahrt werden sollten, um den gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen.

Welche Dokumente müssen archiviert werden?

Geschäftsunterlagen, die für die Geschäftsführung und -überwachung von Bedeutung sind, müssen aufbewahrt werden. Darunter fallen insbesondere:

  • Handelsbücher, d.h. alle Bücher, Belege und Aufzeichnungen, die zur Darstellung der Geschäftsvorfälle eines Unternehmens dienen. Dazu gehören beispielsweise Unterlagen aus der Lohnbuchhaltung, Debitoren- und Kreditorenbuchhaltung (Vgl. GeBüV Art. 1)
  • Jahresabschlüsse, d.h. Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen sowie Anhänge und Lageberichte
  • Geschäftskorrespondenz, d.h. alle Briefe, E-Mails und sonstigen Dokumente wie z.B. Verträge, sofern diese notwendig sind, um den in einer Buchung zugrunde liegenden Geschäftsvorfall oder Sachverhalt nachvollziehen zu können

Welche Geschäftskorrespondenz und weitere Dokumente im Spezifischen rund um einen Geschäftsvorgang aufbewahrt werden müssen, hängt von der Art und Umfang des Geschäfts ab. Die Vermögenslage des Unternehmens sowie die Schuld und Forderungsverhältnisse müssen vollständig abgebildet und nachvollziehbar sein.

Wie lange müssen Dokumente archiviert werden?

Gemäß Art. 958 OR müssen die Geschäftsunterlagen mit buchhalterischer Relevanz für zehn Jahre aufbewahrt werden. Diese Frist beginnt jeweils am Ende des Geschäftsjahres, in dem die Dokumente erstellt wurden. Es gibt jedoch auch einige Ausnahmen, bei denen längere Aufbewahrungsfristen gelten.

Für folgende Dokumente gilt eine Aufbewahrung von 20 Jahren:

  • Akten über Aktien oder Partizipationskapital, die eine Beteiligung an einem Unternehmen darstellen
  • Unterlagen, welche im Zusammenhang mit der Berechnung der Einlagensteuerung und des Eigenverbrauchs von unbeweglichen Gegenständen (Grundeigentum) stehen
  • Unterlagen zu Grundstückgeschäften

Es ist wichtig zu beachten, dass die Aufbewahrungsfrist erst ab dem Zeitpunkt der letzten Eintragung in den Geschäftsunterlagen beginnt. Bei Verträgen oder Vereinbarungen gilt die Frist ab dem Zeitpunkt des Abschlusses.

Bedeutung der Archivierungspflicht in der Praxis

Die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften zur Archivierung von Geschäftsunterlagen ist für Unternehmen in der Schweiz von grosser Bedeutung. Sämtliche Geschäftsprozesse müssen mit den archivierten Dokumenten nachvollziehbar sein. Im Falle einer Prüfung durch die Steuerbehörden oder eines Rechtsstreits vor Gericht können die archivierten Dokumente als Beweismittel verwendet werden. Dabei gilt es zu beachten, dass die Revisionssicherheit der archivierten Daten gewährleistet sein muss, um vor Gericht als Beweismittel verwendet werden zu können. Das bedeutet in einem Satz zusammengefasst, dass die Daten nicht verändert oder gelöscht werden dürfen und jederzeit nachvollziehbar und auffindbar bleiben müssen.

Anforderungen an die digitale Archivierung

Dokumente sollen also revisionssicher digital archiviert werden. Doch was bedeutet revisionssicher?
Revisionssicher bedeutet, dass elektronische Dokumente und Aufzeichnungen in einem Archivsystem so aufbewahrt werden, dass sie auch zu einem späteren Zeitpunkt noch vollständig, unverändert und nachvollziehbar sind.

Die einzelnen Kriterien, welche beachtet werden müssen, sind nachfolgend detaillierter aufgelistet:

  1. Vollständigkeit: Es ist wichtig sicherzustellen, dass alle relevanten Dokumente vollständig archiviert werden – und nichts «verloren» geht. Ein einheitlicher, digitaler Posteingang mit intelligenter Indexierung dank künstlicher Intelligenz sowie konsistente Prozesse mittels «Workflows» unterstützen Sie bei der Sicherstellung von vollständigen Unterlagen.
  2. Integritätsschutz: Die Echtheit und Unverfälschbarkeit von Buchungsbelegen und damit verbundener Korrespondenz muss sichergestellt sein. Eine Manipulation oder Änderung des Dokuments muss ausgeschlossen werden können. Beispiele für Massnahmen zur Gewährleistung der Integrität sind die Verwendung von digitalen Signaturen oder die Implementierung von Protokollen, welche Änderungen von Dokumenten festhalten.
  3. Nachvollziehbarkeit: Eine revisionssichere Archivierung erfordert auch die Nachvollziehbarkeit der Dokumente. Es sollte dokumentiert werden, wer wann auf die Dokumente zugegriffen hat und welche Änderungen durchgeführt wurden. So ist beispielsweise bei Eingangsrechnungen auf den ersten Blick ersichtlich, wer wann welche Rechnung geöffnet, bearbeitet, freigegeben und gebucht hat. Ein ausführliches Änderungsprotokoll sorgt dafür, dass sämtliche Bearbeitungsvorgänge nachvollzogen werden können.
  4. Authentifizierung und Zugriffskontrolle: Es ist wichtig sicherzustellen, dass nur berechtigte Personen Zugriff auf die archivierten Dokumente haben. Die Zugriffsrechte auf die Dokumente sollten deshalb kontrolliert werden, um unbefugte Änderungen oder Löschungen zu verhindern. Idealerweise werden z.B. Rechnungen nach der Freigabe mit einem automatischen Löschschutz versehen. So bleiben die Daten auch vollständig vorhanden.
  5. Datensicherheit & Verfügbarkeit: Die Datensicherheit ist ein weiterer wichtiger Aspekt der revisionssicheren Archivierung. Diese erfordert, dass Dokumente zu jeder Zeit verfügbar sind und das Unternehmen auch bei einem Systemausfall in der Lage sein muss, auf die Dokumente innert nützlicher Frist zuzugreifen. Hierzu werden beispielsweise regelmässige Datensicherungen, sichere Netzwerkverbindungen und Verschlüsselungstechnologien eingesetzt, um sicherzustellen, dass die Daten vor Verlust oder Diebstahl geschützt sind. Idealerweise werden die Daten also verschlüsselt gespeichert und ein Backup an 3 unterschiedlichen Orten erstellt.
  6. Langzeitarchivierung: Eine digitale Archivierung muss sicherstellen, dass die Dokumente auch über einen langen Zeitraum hinweg lesbar und verfügbar bleiben. Hierfür müssen geeignete Dateiformate und Speichertechnologien eingesetzt werden, die auch in Zukunft noch unterstützt werden. Der PDF/A Standard ist hier das gängige Format.
  7. Dokumentation: Eine vollständige Dokumentation der archivierten Dokumente sowie aller Archivierungsvorgänge ist ein wichtiger Aspekt der Revisionssicherheit (vgl. GeBüV Art. 4). Hierdurch können alle Prozesse nachvollzogen und geprüft werden. Für KMU ist dies in der Praxis eher überdimensioniert, würde aber streng genommen zu einer echten revisionssicheren Archivierung dazugehören. Es wäre aber sinnvoll, die Verantwortung für die archivierten Daten klar zu regeln und zu dokumentieren.

Was bedeuten die Archivierungsvorschriften in der Praxis?

Die rechtskonforme digitale Archivierung erfordert also mehr, als das einfache Einscannen von Papierdokumenten und die Ablage auf einem veränderbaren Datenträger wie z.B. auf einem normalen «Laufwerk» bzw. Datenspeicher. Die Ablage im bekannten «Windows Explorer» ist deshalb nicht genügend.


Um eine effektive digitale Archivierung durchzuführen, ist es wichtig, eine geeignete Softwarelösung bzw. Plattform zu verwenden, die alle notwendigen Funktionen bietet. Eine gute Software sollte in der Lage sein, Dokumente in einem manipulationssicheren Format zu speichern, Zugriffskontrollen zu ermöglichen, eine Protokollierung der Zugriffe durchzuführen und langfristig Datensicherheit zu gewährleisten. Hierzu können beispielsweise Dokumenten-Management-Systeme (DMS) Abhilfe schaffen.

Beispiele für Archivierungssoftware in der Schweiz

Folgende Dokumenten-Management-Systeme (DMS) sind insbesondere in der Schweiz weit verbreitet. Welche DMS-Lösung im spezifischen Fall am besten geeignet ist, muss im Einzelfall evaluiert werden und hängt von weiteren individuellen Anforderungen ab.

DocuWare

DocuWare ist eine umfassende DMS-Lösung aus Deutschland, die speziell auch für kleine und mittelgrosse KMU geeignet ist. Es bietet eine benutzerfreundliche Oberfläche und ermöglicht die einfache Erfassung, Verwaltung und Archivierung von Dokumenten. DocuWare verfügt zudem über eine GeBüV (Geschäftsbücherverordnung) Zertifizierung. Es ist also eine offiziell anerkannte Lösung, um Dokumente in der Schweiz digital zu archivieren. Ein weiterer grosser Vorteil ist die integrierte künstliche Intelligenz, welche eingehende Dokumente wie z.B. Kreditoren-Rechnungen ausliest. Zudem lässt sich die Lösung auch vollständig aus der Cloud als «Software-as-a-Service» beziehen.

M-Files

M-Files ist eine stark individualisierbare Informations-Management-Lösung, welche insbesondere in der Treuhand-Branche und anderen dienstleistungsorientierten Unternehmen in der Schweiz häufig eingesetzt wird. Ein sehr intelligentes Berechtigungsmanagement sowie diverse Informationen in Kontext zueinander setzen zeichnen die Lösung aus. M-Files arbeitet nicht nur dokumenten-zentriert, sondern ermöglicht es, sämtliche Prozesse im Unternehmen abzubilden und mit externen Personen auf einer Plattform zusammenzuarbeiten.

SharePoint

Microsoft SharePoint ist kein klassisches Dokumenten-Management-System. Es gibt immer wieder Diskussionen darüber, was SharePoint bietet und inwiefern es eine digitale Archivierung gemäss gesetzlichen Standards erlaubt. Das alleinige Microsoft 365 Abo und das Ablegen von Dokumenten in SharePoint oder Microsoft Teams stellt noch keine revisionssichere Archivierung sicher. Es gibt jedoch Möglichkeiten und Methoden, die Microsoft 365 Umgebung so einzurichten, dass ein revisionssicheres Archivsystem betrieben werden kann. Dazu benötigt es jedoch zusätzliche Mechanismen und Einstellungen, die innerhalb von «Frameworks» bereitgestellt werden können. SharePoint muss entsprechend professionell konfiguriert und mit Funktionen angereichert werden, damit es für die Langzeitarchivierung genutzt werden kann.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine digitale Archivierung für KMU in der Schweiz eine sinnvolle und effektive Lösung darstellt. Im Gegensatz zur physischen Archivierung in Papierform bietet die digitale Archivierung viele Vorteile, wie die einfache und schnelle Suche nach Dokumenten, die platzsparende Lagerung und die Möglichkeit einer schnellen und einfachen Archivierung.

Besonders wichtig ist dabei die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften und die Gewährleistung der Revisionssicherheit. Hierzu sollten Unternehmen eine digitale Archivierungslösung wählen, die diese Anforderungen erfüllt und über entsprechende Funktionen verfügt.

Eine solche Lösung sollte über eine klare Dokumentation und Protokollierung verfügen, eine manipulationssichere Speicherung gewährleisten und die Aufbewahrungsdauer automatisch steuern können. Zudem sollten Unternehmen regelmäßige Backups durchführen und sicherstellen, dass die Daten vor unbefugtem Zugriff geschützt sind.

Unternehmen in der Schweiz können hierbei auf eine Vielzahl von DMS-Lösungen zurückgreifen, die speziell auf die Anforderungen der revisionssicheren Archivierung ausgelegt sind und den gesetzlichen Vorschriften entsprechen.

Eine digitale Archivierungslösung bietet somit nicht nur eine effektive Möglichkeit zur Aufbewahrung und Verwaltung von Dokumenten, sondern erfüllt auch die gesetzlichen Anforderungen und gewährleistet die Revisionssicherheit. KMU sollten sich daher intensiv mit diesem Thema auseinandersetzen und eine passende Lösung für ihre individuellen Anforderungen wählen.